In einer Straße, in einer kleinen ländlichen Siedlung, wohnte eine mürrische Frau. Sie schimpfte oft über die Kinder, die dort auf der Straße spielten. Es schien so, als möge die Frau keine Kinder und ganz besonders nicht diesen einen, größeren Jungen. Er war sehr frech, vorlaut, er warf mit Steinen nach den anderen Passanten.
Es sah zwar fast so aus, als ob er absichtlich daneben warf, doch die Leute hatten trotzdem Angst vor ihm und passten auf, dass sie kein Stein traf.
Oft schimpfte die Frau mit dem Jungen, sie rief, dass er sich zum Teufel scherren solle. Die Leute fühlten sich sogar so sehr von diesem Halbwüchsigen bedroht, dass einige Männer ihm mit Schlägen und dem Tot drohten. Eine Teufelsbrut nannten sie ihn. Die Leute fragten sich, wie schwer es die Eltern wohl hätten, mit so einem Kind leben zu müssen.
Eines Tages schlich ein Hund durch die Siedlung. Ein fremder Hund. Ungepflegt sah er aus. Er wühlte im Müll, wahrscheinlich auf der Suche nach Nahrung.
Die Frau beobachtete den Hund, außerdem beobachtete sie auch die anderen Kinder und ganz besonders diesen einen Jungen. Der Hund hingegen interessierte sich nicht sonderlich für die Kinder, er ging ihnen aus dem Weg. Wenn sie ihm doch zu nahekamen, versuchte er wegzulaufen. Gelang ihm das nicht schnell genug, fletschte er seine Lefzen, sodass seine scharfen, weißen Zähne aus seinem sabberten Maul blitzen. Niemand durfte ihm zu nahekommen.
Die Frau hatte dennoch Mitleid mit dem Tier und stellte Wasser und ein wenig Futter vor ihre Haustüre. Damit es der Hund, als die Straßen fast leer von Menschen waren, sich holen konnte.
Hinter den Gardinen lauernd, freute sich die Frau darüber, dass dieser sonst so menschenscheue Hund, von ihr etwas annahm. Am nächsten Tag stellte die Frau wieder Futter und Wasser vor die Tür, auch am übernächsten und an den darauffolgenden Tagen.
Die Frau machte sich große Gedanken was wohl der Grund sei warum den Hund niemand zu vermissen schien. Gab es denn kein Frauchen das ihn liebte? Vielleicht war sein Besitzer ja auch verstorben oder er wollte den Hund plötzlich nicht mehr. Vielleicht ist er auch weggelaufen, weil er schlecht behandelt wurde von seinem Herrn? Viele Gründe spekulierte sich die Frau zusammen, warum dieser Hund wohl so geworden ist. So wie er jetzt ist, kam er bestimmt nicht zur Welt. Irgendetwas musste ihm passiert sein.
Die sonst so mürrisch wirkende Frau beschloss sich das Tier von der Nähe anzuschauen. Dazu wagte sie sich, nahe dem Futter, auf einem kleinen Hocker sitzend auf ihn zu warten.
Als der Hund endlich kam, zögerte er und die Frau spürte wie Angst in ihr aufstieg.
Als der Hund aussah als ob er gleich weglaufen wolle, begann die Frau mit ganz leiser sanfter Stimme zu ihm zu sprechen, das er keine Angst haben brauche und Sie fragte „was ist dir passiert? Warum hast du so eine Scheu? Hat dir jemand weh getan?"
Plötzlich bemerkte der Hund, dass dieser böse Junge sie beobachtete und als die Frau ihn bemerkte, schimpfte sie mit dem Jungen, er solle bloß den Hund in Ruhe lassen. Das arme Tier hätte wahrscheinlich etwas ganz Schlimmes erlebt, wahrscheinlich wäre es eine ganz liebe Seele, die vor lauter Angst laut bellt und droht.
Die Frau war überrascht, dass der Junge nichts tat oder sagte. Er saß einfach nur hinter einem dunklen Busch und beobachtete das Geschehen. Vielleicht wartete er auch einfach nur darauf, dass der Hund die Frau angreift. Aber der Hund war durch das laute Geschimpfe der Frau erschreckt und weggelaufen. Es dauerte eine ganze lange Weile, bis der Hund wieder zurückkam. Der Hunger und der Durst waren doch sehr groß.
Diesmal verhielten sich alle ganz leise, die Frau sprach wieder mit ganz sanfter Stimme zu dem Hund. So, dass er dieses Mal die Nahrung annahm. Von Tag zu Tag kam der Hund näher. Er fing an, der Frau, die sich so um seine Seele bemühte zu vertrauen und eines Tages ging er plötzlich sogar mit in ihr Haus.
Einige Wochen später erkannten alle, welch ein toller, friedlicher, wenn doch auch manchmal noch ängstlicher Hund er doch war. Je mehr die Menschen ihm achtsam und liebevoll begegneten, umso mehr verlor der Hund seine Angst.
Der große, sonst so pöbelnde Junge, ließ den Hund auch weiterhin in Ruhe. Er ging ihm aus dem Weg und manchmal beobachtete er durch das Fenster die Frau und den Hund und flüsterte "Ach, wäre ich doch auch ein Hund und könnte mit gefletschtem Maul meine spitzen und langen Zähne zeigen. Gaaaanz weit würde ich es aufreißen um gefährlich auszusehen!" Und mit Tränen in den Augen fügte er leise in Gedanken hinzu: "ich wünschte mich würde auch jemand mögen.“